Aktuelle Entwicklungen vor Ort

Januar 2024

Fünf Stiftungsräte haben im Rahmen ihres Aufenthalts in Shanthimalai im Januar 2024 den neu gegründeten Kindergarten mit Ansätzen der Montessori-Pädagogik besucht. Hier beschreiben sie ihre Eindrücke.

Es ist 9 Uhr. Zwanzig quicklebendige Kinder singen, sprechen Verse in Englisch oder Tamil und bewegen sich dazu auf vielseitige Weise. «Einstimmung in den Tag und Aktivierung des Gehirns», erklärt Mrs Kanimozhi, die Kindergärtnerin. «Clap your hands, jump, sit!» Die Kinder lernen Englisch, indem sie zuhören und reagieren, einfache Geschichten erzählt bekommen und dabei Bedeutungen anhand von Bildern erschliessen. Natürlich werden sie auch in ihrer Muttersprache Tamil gefördert. Fast täglich führt Mrs Kanimozhi ein neues Lernmaterial ein. Das meiste besteht aus Holz und ist bunt gestaltet. Die Sets gehören zum Beispiel den Bereichen Sinnes- und Sprachförderung, Übungen des praktischen Lebens oder mathematisches Grundverständnis an. Montessori-Kindergärten arbeiten weltweit – mit kleinen kulturellen Anpassungen – mit denselben Materialien. In der freien Spielzeit wählt jedes Kind jeweils ein Set aus, um auf ganzheitliche und spielerische Art zu lernen.

«Hilf mir, es selbst zu tun. Zeig mir, wie es geht. Tu es nicht für mich. Ich kann und will es allein tun. Hab Geduld, meine Wege zu begreifen. Sie sind vielleicht länger, vielleicht brauche ich mehr Zeit, weil ich mehrere Versuche machen will. Mute mir Fehler zu, denn aus ihnen kann ich lernen.“

Diese bekannten Aussagen aus der Sicht eines Kindes zeigen uns, wie zeitlos wahr die Einsichten der Pädagogin Maria Montessori sind. Diese Pädagogik ist in Indien gut bekannt, denn ihre Begründerin lebte selbst mehrere Jahre auf dem Subkontinent und gründete Kindergärten und Schulen. Neben selbständig-entdeckendem Lernen im eigenen Tempo sind der achtsame Umgang miteinander, mit Materialien und der Natur zentrale Anliegen der Pädagogik.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen schlafen die 3- bis 4-jährigen Kinder jeweils eine gute Stunde lang auf ihren Matten im Klassenzimmer. Anschliessend streift Mrs Kanimozhi mit ihrer Klasse durch den Campus und regt die Kinder dazu an, die Natur zu beobachten. Unter einem Baum sitzend erzählt sie Geschichten und lässt die Kinder auch frei spielen. 

Der Kindergarten mit Montessori-Lernmethoden wurde im August 2023 eröffnet. Mrs Kanimozhi brachte viel Erfahrung und Begeisterung dafür mit. Zu ihrem Wechsel an die Schule von Shanthimalai sagt sie: «Ich suchte eine neue Aufgabe, wollte benachteiligte Familien aus der Region unterstützen, zum Beispiel Mütter, die voll arbeiten müssen.» Mrs Kanimozhi teilt ihr Wissen und ihre Erfahrung gern mit ihren Kolleginnen. Sie erklärt ihnen die Grundlagen der Montessori-Pädagogik in Weiterbildungen, zeigt ihnen das spezifische Lernmaterial und leiht es an Interessierte aus. Ausserdem führt sie Mrs Satya, eine andere Lehrperson der Schule, in Form eines ganzjährigen Praktikums in ihre Arbeit ein.

Die Schulleitung möchte im nächsten Schuljahr diese Pädagogik in eine zweite Klasse einfliessen lassen. Selbständig-entdeckendes und handelndes Lernen wird an der ganzen Schule gefördert. Durch interne Weiterbildungen erweitern die Lehrpersonen ihre Kompetenzen dazu. Die Stiftung Aruna unterstützt die Anschaffung von praktischem Lernmaterial finanziell. So konnten dieses Jahr beispielsweise Lupen, Sportmaterial sowie Lernspiele für den Mathematik- und Sprachunterricht gekauft werden. Mr Durai Ganesh, der Hauptverantwortliche für die Schulentwicklung, erklärt: «Lerninhalte sollen bedeutungsvoll sein und die Kinder und Jugendlichen zu selbständigem Denken und Handeln führen. Sie lernen nicht für die Schule und gute Noten, sondern für ihr Leben.»




Pongal-Fest

Pongal ist ein mehrtägiges Erntedank-Fest, das in Tamil Nadu Mitte Januar gefeiert wird. Gemäss der Tradition markiert es das Ende der Wintersonnenwende und den Beginn der sechsmonatigen Reise der Sonne nach Norden. Der Regen, die Sonne und die in Indien als heilig geltenden Kühe stehen im Zentrum der Feierlichkeiten. Um diese Feiertage einzuläuten hat Armin Stocker, der zurzeit vor Ort an der SRM-Schule tätig ist, einen Kolam-Wettbewerb unter den Schülerinnen und Schülern initiiert.

Kolams sind kunstvolle Mandalas, welche traditionell mit eingefärbtem Mehl vor Hauseingängen auf den Boden gezeichnet werden. Vor Sonnenaufgang werden diese Kunstwerke von den Frauen und Mädchen von Hand gestreut. Eine unglaubliche Vielfalt an Farben und Formen entsteht täglich aufs Neue. Gemäss alter Überlieferung besuchen die Götter während der Morgendämmerung die Erde. Die Kunstwerke wirken einladend und versprechen Segen und Wohlstand für Haus und Familie. Zu Beginn des Festivals werden die Kolams meist besonders gross und vielfältig gestaltet.

Um die 60 Schüler und Schülerinnen der Oberstufe haben am Wettbewerb teilgenommen. Auf einem Quadratmeter hatten sie 1 1/2 Stunden Zeit, um ihr Kunstwerk zu gestalten. Danach hat eine Jury die 10 schönsten Arbeiten ausgezeichnet. Martin Bütler war mit dabei und hat den kreativen Event fotografiert.